Alle 2 Jahre breche ich nach Köln auf, zur DER Handarbeitsmesse für Fachbesucher. Das heißt: aufstehen um 4 Uhr früh, insgesamt 11 Stunden Bahnfahrt (hin und zurück) und eine Laufstrecke, die meinen Schrittzähler zu Begeisterungsstürmen hinreißt.

Aber das ist natürlich nur eine Seite der Medaille. Wenn ich dann in Köln durch die Messehallen laufe, sind alle Anstrengungen vergessen. Wolle wohin man blickt. Aus der ganzen Welt, in allen Erscheinungsformen. Klar, einiges davon lohnt keinen genaueren Blick. Acryl und Co, billig produziert bleibt einfach unbeachtet. Dafür ist mehr Zeit für die wirklich schönen Garne.

Wie immer hatte ich mir vorher einen Plan gemacht, Termine vereinbart und Favoriten im Hallenplan eingezeichnet. Gestartet habe ich diesmal mit einen Gespräch bei Sandnes Garn. Ein norwegischer Garnhersteller mit einer über 100jährigen Geschichte und interessanten Garnen in wunderbaren Farben. Der Moment, wenn die große Kiste mit allen Qualitäten auf dem Tisch steht, man jedes Knäuel befühlt, die Farbkarten bewundert und sich über die schönen Anleitungshefte freut – immer wieder magisch. Die harte Auswahl, was dann wirklich in den Laden kommt steht mir noch bevor. Aber zur nächsten Herbstsaison werden einige der Garne in mein Sortiment wandern, das steht fest. (Vor lauter Begeisterung habe ich übrigens völlig vergessen den Stand zu fotografieren. Und das ging mir an den anderen Ständen ganz ähnlich)

Danach ging es weiter zu meinen langjährigen Lieferanten. Bei Lamana gab es nicht nur einen leckeren Cappuccino und nette Gesprächen, 2 neue Garne sind im Programm. Ein traumweiches Merino-Cashmere-Lace namens Modena. Und die Merida, ein Sockengarn mit Merino und Seide. Obwohl ich persönlich das Garn viel zu schön für Socken finde. Für mich eignet es sich vielmehr für strapazierfähige Kinderkleidung und schöne Pullover. Dazu gibt es in vielen Qualitäten neue Farben, mein Herz war sofort von dem neuen Petrol der Premia erobert! Und als kleine Sneak-Preview hingen schon die ersten Modelle aus dem neuen Lamana-Heft auf dem Stand, das erscheint wieder im Herbst.

Nächster Stop: der Stand von Frau Kremke. Im Zentrum ihres Standes, die Garne von Shibui, Höchste Qualität aus Amerika, Garn in Vollendung. Edel, klar und klassisch ist die passende Überschrift. Diese Qualität hat natürlich auch ihren Preis.

Direkt um die Ecke hing ein neues Garn von Erika Knight, mit dem schönen Namen Wild Wool. Eine tolle Mischung aus englischer Wolle und Nessel, in 8 traumschönen Farben. Ich sah sofort einen Islandpullover aus dem Garn vor meinem inneren Auge. Es fällt mir schwer, bis Mai auf das Garn zu warten. Auch bei The Fibre Co hab ich ein neues Garn entdeckt, eine reine Lambswool aus Kent in den typischen FibreCo-Farben.

Generell fiel mir auf, das sich die Garne in 2 entgegengesetzte Richtungen entwickeln. Auf der einen Seite muss es immer weicher werden. Extrafeine Merino, möglichst mit Cashmere, Royal Alpaka, die Faserfeinheit bekommt teilweise den Stellenwert des heiligen Grals. Und auf der anderen Seite die ursprünglicheren Garne, norwegische Wolle, vor Ort versponnen, seltene Schafsrassen, begrenzte Herkunftsgebiete und historische Faserbeimischungen wie z.B. Nessel ergeben Garne mit viel Charakter. Nicht wirklich butterweich, aber die daraus gefertigten Teile geben ein schönes Maschenbild und sind haltbar. Das Gute daran: jeder kann sich sein persönliches Lieblingsgarn aussuchen, weich und verwöhnend oder eher charaktervoll.

Ich werde auf jeden Fall die richtigen Garne für euer persönliches Traumprojekt aussuchen und einkaufen. Und euch die Geschichte dahinter erzählen, auch wenn ich jetzt erst einmal einen ruhigen Sonntag zur Regeneration brauche, vielleicht mit leichtem Stricken 😉